Vor 50 Jahren vergrößerte sich die Stadt Karlsruhe zum bislang letzten Mal durch die Eingemeindung Neureuts. Vom Gesetz her hätte diese bereits zum 1. Januar 1975 erfolgen sollen, doch die von Neureut lange nicht gewollte Verbindung wurde formal erst am 14. Februar vom Stuttgarter Staatsgerichtshof „zugunsten Karlsruhes“ entschieden. Die daraufhin erfolgten Verhandlungen der beiden Nachbarn waren dennoch respektvoll und fanden ihren Abschluss mit der Unterzeichnung des Eingemeindungsvertrages am 10. April.
Karlsruhe hatte schon zu Beginn der 1960er Jahre unter dem Druck der rasanten Stadtentwicklung ein Auge auf seine Nachbarn geworfen. Die Begehrlichkeiten von Oberbürgermeister Günther Klotz reichten durch das gesamte Umland von Forchheim über Ettlingen, Grötzingen, Blankenloch bis Eggenstein, ja sogar ungeachtet der Landesgrenze auf das pfälzische Wörth.
Als Ziel „überlebensfähige“ Großgemeinden mit 8 000 Einwohnern
Alle Gemeinden lehnten indes entschieden ab. Doch als das Land Ende der 60er Jahre und mit dem Gemeindereformgesetz bis 1975 nur noch „überlebensfähige“ Großgemeinden mit mindestens 8 000 Einwohnern haben wollte, kam neue Bewegung auf. Obgleich Bürgermeister und Gemeinderat von Neureut als größte Landgemeinde Baden-Württembergs mit fast 14 000 Einwohnern auf Eigenständigkeit beharrten, und auch die Einwohnerschaft in übergroßer Mehrheit dagegen war, unterstützte die Landesregierung die Karlsruher Sicht des „notwendigen Entwicklungspotentials“ durch die Neureuter Gemarkung.
Aus Protest entstand 1973 eine veritable Bürgerinitiative. Aber auch der Landtag wies Neureuts Ablehnung zurück. Dessen Ortsspitze war seit Sommer 1974 die unumstößliche Eingemeindung bewusst, die Stimmen wurden gemäßigter. Für den Fortgang war nun aber noch die genannte Staatsgerichtshof-Entscheidung abzuwarten.
Karlsruhes Oberbürgermeister Otto Dullenkopf war stets an einem würdigen Ausgleich gelegen, wie ihn auch Bürgermeister Hermann Meinzer anstrebte. So markierte der 10. April 1975 im Rückblick nach holprigem Start den Beginn einer erfolgreichen gemeinsamen Zukunft. -jsk-